Ich gehe stark davon aus das ich in dieser Community dafür kein positive Reaktion kriegen werde, aber egal.
Wenn ich hier die ganzen Posts und Beschwerden lese werde ich immer ein bisschen verärgert, da konstant auf andere Verkehrsteilnehmer geschissen wird, ohne jemals zu adressieren wie die Mehrheit der Fahrradfahrer sich selber als Verkehrsteilnehmer verhält. Ich fahre sowohl Auto als Fahrrad regelmäßig, und es ist keine Übertreibung wenn ich behaupte das nicht mal 20 Prozent der Fahrradfahrer auf der Strasse sich ordentlich an die Regeln halten. Man fährt über rot, schlängelt sich gefährlich durch Stau, wechselt konstant vom Bürgersteig auf die Strasse so wie es gerade passt, und scheint einfach grundsätzlich das Motto zu haben “ich halte mich an die Gesetze, ausser wenn es gerade doof ist”. Sogar wenn ich mit Freunden Fahrrad fahre, regen die sich immer darüber auf das ich bei rot tatsächlich warte weil es ja “eh egal ist”.
Vieles muss noch getan werden um Städte besser für Fahrräder zu gestalten, und ich bin grundsätzlich pro weniger Autos, aber ein wichtiger Schritt meiner Meinung nach damit Leute anfangen Fahrradfahrer wirklich ernst zu nehmen auf der Strasse, ist wenn diese einsehen das sie keinen Sonderstatus haben nur weil sie ein kleineres und agileres Fahrzeug steuern.
Und damit möchte ich nicht sagen das Autofahrer (und fussgänger) heilige sind. Ich weiss wie gefährlich und idiotisch Menschen sein können, und wie gefährlich es ist nicht die Person in der Tonnenschweren stahlbox zu sein, jedoch bin ich fest davon überzeugt das wenn man ebenbürtig behandelt werden will, man sich auch am die gleichen Regeln halten soll, egal wie nervig das gerade ist. Ich fahre ja auch nicht im Auto über rot nur weil gerade niemand anders an der Kreuzung ist.
Und bevor jetzt Leute kommen die sagen “Aber ich mach das ja nicht”, schön. Trotzdem passiert es vielleicht bei einem von 10 Malen, das ich einen Fahrradfahrer sehe der ordentlich fährt, so selten das ich mich teilweise richtig freue wenn es endlich mal passiert, denn das macht es auch für mich einfacher die Person mit Abstand und Vorsicht zu behandeln, wenn sie sich nicht unvorhersehbar und impulsiv verhält.
Ich setze immer noch auf Eigenverantwortung.
Die hier scheinbar weit verbreitete Ansicht, dass Verkehrsregeln aufgrund einer in der Statistik geringeren ausgehenden Gefährdung im Vergleich zu einem andereren Fahrzeug, nicht einzuhalten sind, lässt mich jedoch zweifeln.
Okay, Gedankenexperiment.
Gurken. Gurken gibt es schon ewig, sind sehr gesund und leicht abzubauen. Es passiert mit ihnen auch relativ wenig. Klar, manchmal sind die aus Gründen kontaminiert, manchmal bleibt jemand was im Hals stecken etc. Die Gurke bringt es auf 4 Tode im Jahr.
Eines Tages erfindet jemand eine viel bessere Gurke. Sie kann leichter angebaut werden, schmeckt besser, ist nahrhafter usw. Einfach in allen Punkten überlegen. Es war noch nie einfacher sich zu ernähren.
Mit diesem neuen Superfood stellt die Menschheit die gesamte Infrastruktur um. Im Grunde will jeder nur noch diese Industrie bedienen. Entweder zuliefern oder selbst herstellen. Lager, Regale, Verpackungen sind genauso auf die Supergurke ausgelegt, wie Rezepte und tägliche Nahrungsaufnahme.
Viel zu spät stellt man fest, dass das neue Lebensmittel allerdings viel mehr Leute tötet. Aus den vier Gurkentoden im Jahr sind auf einmal tausende geworden!
Da man sich aber in eine Abhängigkeit manövriert hat kann man nicht mehr zurück. Also müssen Regeln her: die Herstellung muss so erfolgen, dass die Gefahr minimiert wird. Es gibt Verzehrempfehlungen und strenge Reglementierungen zum Vertrieb.
So schafft man es aus Tausenden Toden nur noch um die 500 zu machen.
Jetzt müssen sich aber die Retro-Gurkenkunden und -hetsteller auch an diese Regeln halten. Zumindest zum Großteil.
Und nicht nur das! Sie gelten auf einmal als Sonderlinge und die Supergurkengesellschaft findet natürlich, dass sie sich Respekt erst zu verdienen haben, indem sie sich penibel auch an die strengen Regel der Supergurke halten.
Findest du das fair?
Der Unterschied ist, dass Verkehrsregeln durch Verkehrsaufkommen (die Menge) benötigt werden. Nicht durch ein “Super” - Verkehrsmittel.
Einbahnstrasse gab es bereits in der Zeit vor Chr. Um in Rom den Verkehrsfluss von Fuhrwerken zu gewährleisten. Es ist üblich bei erhöhtem Fußgänger aufkommen, durch Definition von Eingäng und Ausgäng zu einen Fluss in eine Richtung zu erzeugen.
Zusätzlich werden Regel auch durch größere Unterschiede zwischen den Verkehrsteilnehmern notwendig. Z. B. durch größere Geschwindigkeitsunterschiede. Ein schönes Beispiel sind abgetrennte Sportbahnen in Schwimmbädern. Man sollten meinen Schwimmer unter sich könnten das Regel. Es werden jedoch auch getrennte Radwege und Fussgangerwege gefordert. Alternativ könnte man eine breiten Streifen für beide vorhalten.
In unserem StVO gelten teilweise unterschiedliche Regeln für unterschiedliche Verkehrsmittel.
Die Retrogurken haben bereits eigene Regeln und müssen sich nicht an die vollständigen strengen Regeln der Supergurken halten. Das gilt ebenfalls für die Supergurken. Um beiden ein friedliches Miteinander zu ermöglichen, müssen sich jedoch auch beide an Regeln halten, die es ohne den anderen nicht gäbe.
Fahrräder sind keine Sonderlinge und müssen sich nicht and die Regeln halten, weil sie angeblich Außenseiter wären. Es geht um Regeln, die ein Miteinander aller Verkehrsteilnehmer ermöglicht.
Ja, das ist fair.