In psychologischen Tests haben sich Kiffer als einfühlsamer erwiesen. Das könnte mit einer höheren Konnektivität zwischen Hirnarealen zu tun haben, die an der Verarbeitung von Emotionen beteiligt sind.
Wer regelmäßig kifft, kann sich offenbar besser in andere hineinversetzen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Forschungsgruppe um Víctor Olalde-Mathieu von der Nationalen Autonomen Universität von Mexiko. Weitere Studien sind notwendig, um zu klären, ob eine Cannabis-Therapie die Behandlung von bestimmten psychischen Störungen unterstützen kann, die mit sozialen Defiziten assoziiert sind.
Lange galt Cannabis als gefährliche Einstiegsdroge. Doch in den letzten Jahren hat das Rauschmittel an öffentlicher Akzeptanz gewonnen. Seit 2017 können sich schwer kranke Menschen in Deutschland »medizinisches Gras« verschreiben lassen, zum Beispiel bei chronischen Schmerzen, Epilepsie oder zur Linderung von Begleiterscheinungen bei einer Chemotherapie. Ein Gesetzesentwurf der Bundesregierung sieht vor, die Droge ab 2024 auch zu Genusszwecken zu legalisieren.
Verantwortlich für die Rauschwirkung ist das Delta-9-Tetrahydrocannabinol (THC), das vor allem an CB1-Rezeptoren bindet. Zahlreiche dieser Andockstellen befinden sich im anterioren zingulären Kortex (ACC), einem Bereich der Großhirnrinde, der eine wichtige Rolle bei mitfühlenden Empfindungen spielt. Das nahmen die Wissenschaftler um Olalde-Mathieu zum Anlass, die Empathie von Menschen zu testen, die sich regelmäßig einen Joint ansteckten.
In einem ersten Teil der Studie bearbeiteten 85 Cannabiskonsumenten den kognitiven und affektiven Empathietest (TECA), der untersucht, wie gut Menschen in die Schuhe anderer schlüpfen und positive wie negative Emotionen erkennen und nachempfinden können. Verglichen mit einer aus 46 Probanden bestehenden Kontrollgruppe erzielten die Versuchspersonen unterm Strich höhere Werte, was auf mehr Empathie hinweist.
Diese Gabe könnte auf neuronale Besonderheiten zurückzuführen sein, vermuten die Autoren. Einen Teil ihrer Probanden – 46 Konsumenten und 34 Kontrollpersonen – testeten sie anschließend mittels funktioneller Magnetresonanztomografie (fMRT) und stellten bei den Kiffern eine vergleichsweise erhöhte Konnektivität zwischen dem CB1-rezeptorreichen ACC und Hirnregionen fest, die mit Empathie und Emotionen zu tun haben.
»Diese Ergebnisse eröffnen spannende Möglichkeiten, Cannabis bei der Behandlung von Erkrankungen einzusetzen, die mit Defiziten während sozialer Interaktionen einhergehen, zum Beispiel Soziopathie, soziale Angst oder ängstlich-vermeidende Persönlichkeitsstörungen«, so Olalde-Mathieu.
Dafür sind jedoch weitere Studien notwendig: Die Ergebnisse des Forscherteams zeigen zwar einen Zusammenhang zwischen Empathie und Cannabiskonsum, liefern jedoch keinen Hinweis auf Kausalität. Demnach ist es zwar möglich, dass Cannabis empathisch macht. Genauso gut kann es jedoch sein, dass von Natur aus mitfühlende Menschen eine Neigung zum Kiffen haben.
Die Wissenschaftler betonen außerdem, dass Cannabis in Mexiko deutlich schwächer ist als etwa in den USA und ihre Forschungsergebnisse deshalb nicht uneingeschränkt übertragbar seien. Vor allem größere Mengen der Droge können Angst und Panik verursachen. Wie andere Suchtmittel auch, bleibt der Konsum von Cannabis mit Risiken verbunden.
Kann ich bestätigen.